Was bedeuten die Landesgesetze in Bayern für Ihren nachhaltigen Beschaffungsprozess?
Stand dieser Informationen: 07.11.2019
Regelungen in der Oberschwelle: Oberhalb der Schwellenwerte haben öffentliche Auftraggeber in Niedersachsen die Vorschriften des GWB und der VgV anzuwenden. (siehe: Grundlagenwissen/Rechtliche Grundlagen)
Regelungen in der Unterschwelle: Ob öffentliche Auftraggeber in Bayern die UVgO anzuwenden haben oder dies Ihnen lediglich empfohlen ist, richtet sich danach, ob es sich um Behörden und Betriebe des Landes handelt oder um kommunale Auftraggeber.
Landesbehörden - Für Behörden und Betriebe des Landes Bayern gilt seit dem 01.10.2018 die Pflicht zur Anwendung der UVgO und damit auch die Vorschriften über die Verwendung von Gütezeichen nach § 24 UVgO. Die bisher geltende VOL/A (1. Abschnitt) wurde durch die UVgO ersetzt.
Kommunen - Für kommunale Auftraggeber wird die UVgO durch Verwaltungsvorschrift (VergabeVwV vom 27.02.2019) seit dem 01.04.2019 zu Anwendung empfohlen. Auch die Verordnung „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ vom 29. April 2008 wird für Kommunen zur Anwendung empfohlen.
Landesvergabegesetz
Bayern hat kein Landesvergabegesetz.
Rechtsverordnungen
Die Verordnung „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ vom 29. April 2008 bezieht sich auf die Pflicht zur Einhaltung des Übereinkommens Nr. 182 der Internationalen Kernarbeitsnormen und verlangt eine Eigenerklärung.
Anwendungsbereich: Die Verordnung gilt ab einem Auftragswert von 0 €.
Die Verordnung ist für staatliche Auftraggeber des Freistaates Bayern verpflichtend. Kommunalen Auftraggebern ist sie zur Anwendung empfohlen.
Soziale Kriterien
Die Verordnung „Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit“ legt fest: „4. Die staatlichen Vergabestellen haben daher bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Freistaates Bayern in begründeten Fällen eine Eigenerklärung zu verlangen, die bei Annahme des Angebots Vertragsbestandteil wird. Eigenerklärungen kommen derzeit insbesondere bei folgenden Produkten in Betracht, falls diese in Afrika, Asien oder Lateinamerika hergestellt oder bearbeitet wurden:
- Sportbekleidung, Sportartikel, insbesondere Bälle;
- Spielwaren;
- Teppiche;
- Textilien;
- Lederprodukte;
- Billigprodukte aus Holz;
- Natursteine;
- Agrarprodukte wie z.B. Kaffee, Kakao, Orangen- oder Tomatensaft.
Zum Nachweis sieht die Verwaltungsvorschrift eine Eigenerklärung vor, deren Bestandteile vorgegeben sind. Eine Mustererklärung ist in der Vorschrift enthalten.
Verwaltungsvorschrift als Dokument
Da die Eigenerklärung als Vertragsbestandteil vorgesehen ist, kann sie in kommunalen Ausschreibungen als Ausführungsbedingung gefasst werden. Allerdings sollte man darauf achten, dass ausschließlich der Begriff „ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne des ILO-Übereinkommens 182“ verwendet wird, um die Begrifflichkeiten juristisch eindeutig zu definieren. Wir empfehlen bei der Verwendung der Muster-Eigenerklärung, den Satzteil „oder aus anderen nationalen oder internationalen Vorschriften zur Bekämpfung von ausbeuterischer Kinderarbeit“ in Punkt 2a) zu streichen, da diese Formulierung juristisch nicht eindeutig ist.
Da die Verwaltungsvorschrift für kommunale Auftraggeber als Empfehlung ausgestaltet ist, können diese grundsätzlich auch andere (ggf. auch strengere) Nachweispflichten vorsehen.
Verwaltungsvorschriften
Die „Richtlinien über die Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Umweltrichtlinien Öffentliches Auftragswesen – öAUmwR)“ vom 28. April 2009 gelten für öffentliche Auftraggeber. Kommunale Auftraggeber sind aber frei darin, diese ebenfalls anzuwenden.
Ökologische Kriterien
Einige Zitate aus den Richtlinien:
„1. (…) Bei umweltbedeutsamen öffentlichen Aufträgen zur Beschaffung von Gütern, über Dienstleistungen (z. B. Gebäudereinigung, Winterdienst) sowie über Bauleistungen hat die Vergabestelle zu ermitteln, welche umweltfreundlichen und energieeffizienten Lösungen angeboten werden.(…)
2.1 In der Leistungsbeschreibung […] sind etwaige Gesichtspunkte des Umweltschutzes einschließlich des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase sowie der Abfallvermeidung und Abfallverwertung (…) vorzugeben, soweit dies wirtschaftlich vertretbar ist. Dabei sind finanzielle Mehrbelastungen und eventuelle Minderungen der Gebrauchstauglichkeit in angemessenem Umfang hinzunehmen.(…)
2.2 Zur angemessenen Beachtung von Umweltschutz- und insbesondere Energieeffizienzaspekten können in der Leistungsbeschreibung z. B. die Anforderungskriterien der europäischen Energieverbrauchskennzeichnung, der Durchführungsmaßnahmen nach der EuP-Richtlinie oder freiwilliger Kennzeichnungsprogramme wie Blauer Engel, Europäisches Umweltzeichen, Energy Star oder andere gleichwertige Energieverbrauchs- und Umweltzeichen als Referenz herangezogen werden.(…)
2.3 Holzprodukte müssen nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. (…)
5. Für die abschließende Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots sind bei Lieferleistungen neben den Anschaffungskosten die voraussichtlichen Betriebskosten über die Nutzungsdauer – vor allem die Kosten für den Energieverbrauch der zu beschaffenden Geräte – sowie die Abschreibungs- und Entsorgungskosten zu berücksichtigen (Lebenszykluskostenprinzip)."
Die Richtlinien umfassen Aspekte zu
- Bedarfsanalyse und Auswahl des Auftragsgegenstands,
- Planung von Bauvorhaben
- Leistungsbeschreibung
- Holzprodukten
- Zulassung von Nebenangeboten
- Eignungskriterien
- Wertungskriterien
- Liste mit Produktgruppen, für die es die Zertifikate „Blauer Engel“ und „EU-Umweltzeichen“ gibt.
Link zur Verwaltungsvorschrift: Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen (VVöA) vom 14. November 2017
Öffentliches Auftragswesen: Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 29. April 2008, Az.: B II 2 - 515-252: http://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/DokumentAnzeigen/dokument-anzeigen.html?idDocument=228&view=knbdownload
Richtlinien über die Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge: http://www.nachhaltige-beschaffung.info/DE/DokumentAnzeigen/dokument-anzeigen.html?idDocument=225&view=knbdownload
Sonstige Regelungen (z.B. Bestattungsgesetz): Ferner erlaubt es Art. 9a des Bestattungsgesetzes (BestG) zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 2. August 2016 (GVBl. S. 246) geändert, eine Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Wege einer kommunalen Friedhofssatzung zu untersagen.
Arbeitshilfen und weiterführende Links
Weiterführende Hinweise zur sozial nachhaltigen Beschaffung
Christliche Initiative Romero (CIR) e.V.
* Sozialverantwortliche Beschaffung nach dem neuen Vergaberecht 2016 (November 2016)
Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW)
* Faires Beschaffungswesen in Kommunen und die Kernarbeitsnormen (Oktober 2016)
WEED e.V.
* Argumentationshilfe "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung" (2015)
Femnet e.V.
Möglichkeiten einer ökologisch und sozial nachhaltigen öffentlichen Beschaffung
Weiterführende Hinweise zur ökologisch nachhaltigen Beschaffung
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
* Nachwachsende Rohstoffe im Einkauf - Themenheft III: Büro - Einrichtung, Material, Gestaltung (2017)
* Nachwachsende Rohstoffe in Kommunen - Themenheft I: Entscheidungsträger (2013)
Arbeitshilfen des Umweltbundesamtes zur umweltfreundlichen Beschaffung
* Rechtsgutachten umweltfreundliche öffentliche Beschaffung (Januar 2017)
* Broschüre: Umweltfreundliche Beschaffung in der Praxis (Juni 2016)
* Hintergrundpapier: Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung (September 2015)
* Empfehlungen für Ihre Ausschreibung
* Berechnung der Lebenszykluskosten
* Umweltaspekte in Vergabeverfahren