Was bedeuten die Landesgesetze in Niedersachsen für Ihren nachhaltigen Beschaffungsprozess?
Stand dieser Informationen: 03.12.2019
Regelungen in der Oberschwelle: Oberhalb der Schwellenwerte haben öffentliche Auftraggeber in Niedersachsen die Vorschriften des GWB und der VgV anzuwenden. (siehe: Grundlagenwissen/Rechtliche Grundlagen)
Regelungen in der Unterschwelle: Gem. § 3 Abs.1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Niedersächsisches Tariftreue- und Vergabegesetz - NTVergG) vom 31. Oktober 2013 zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. November 2019 sind ab dem 01.01.2020 die Vorschriften der UVgO anzuwenden.
Gütezeichen: Öffentliche Auftraggeber können daher auf die Verwendung von Gütezeichen gem. § 24 UVgO zurückgreifen.
Landesvergabegesetz
Das NTVerG regelt sowohl soziale wie auch ökologische Aspekte. Diese Aspekte gelten ab einem Auftragswert von 0,-€. Das Gesetz gilt für die niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber nach § 99 Nrn. 1 bis 4 und § 100 GWB.
Soziale Kriterien
In §12 geht das Gesetz auf soziale Kriterien im Sinne der ILO-Kernarbeitsnormen ein:
„(1) Bei der Vergabe von Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen ist darauf hinzuwirken, dass im Anwendungsbereich des Absatzes 2 keine Waren Gegenstand der Leistung sind, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindestanforderungen gewonnen oder hergestellt worden sind. (...)
(2) Die Landesregierung bestimmt durch Verordnung, auf welche Produktgruppen oder Herstellungsverfahren Absatz 1 anzuwenden ist und welchen Mindestinhalt die vertraglichen Regelungen nach Absatz 1 Satz 1 haben sollen. Die Verordnung trifft Bestimmungen zu Zertifizierungen und Nachweisen sowie zur vertraglichen Ausgestaltung von Kontrollen und vertraglichen Sanktionen.“
Ökologische Kriterien
Das NTVerG ermöglicht in § 10 die „Umweltverträgliche Beschaffung“:
„Öffentliche Auftraggeber können bei der Festlegung der Anforderungen an die zu beschaffenden Gegenstände oder Leistungen berücksichtigen, inwieweit deren Erstellung, Lieferung, Nutzung und Entsorgung umweltverträgliche erfolgt. Entsprechende Anforderungen müssen im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.“
Gesetz als Dokument
Rechtsverordnungen
Die "Niedersächsische Verordnung über die Beachtung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (NKernVO)" vom 30. April 2015 konkretisiert die Vorgabe in § 12 NTVergG. Darin wird bestimmt, dass bei der Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen darauf hinzuwirken ist, dass im Anwendungsbereich der Vorschrift keine Waren Gegenstand der Leistung sind, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindestanforderungen gewonnen oder hergestellt worden sind.
Die NKernVO beschränkt sich auf folgende Produktgruppen:
• Stoffe und sonstige Textilwaren,
• ungebrauchten Naturstein,
• Tee, Kaffee und Kakao, Blumen
• sowie Spielwaren und Sportbälle.
Sind Waren aus diesen Produktgruppen Gegenstand der Auftragserfüllung und stammen die Waren aus einem Staat, der in der Liste der OECD als Entwicklungs- oder Schwellenland aufgeführt ist, so haben die Teilnehmer am Vergabeverfahren dem öffentlichen Auftraggeber auf bestimmte Art nachzuweisen, dass die Waren unter Beachtung der Mindestanforderungen aus den Übereinkommen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 NTVergG gewonnen oder hergestellt wurden.
Eine Mustererklärung zur Verwendung in Vergabeverfahren der niedersächsischen öffentlichen Auftraggeber sowie Anwendungshinweise zur Verordnung sind ebenfalls auf der Website der Servicestelle zum Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) abrufbar.
Niedersächsische Kernarbeitsnormenverordnung - NKernVO
Verwaltungsvorschriften
Die „Betriebsanweisung und Beschaffungsordnung“ des Landes Niedersachsen vom 08. März 2013 zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 30.10.2018 bezieht sich nicht auf kommunale Beschaffung, gibt aber entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen in der „Betriebsanweisung für das Logistik Zentrum Niedersachsen“ (Anlage 1) Hinweise zur Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben:
„§15 Umweltgerechte, nachhaltige und soziale Beschaffung
(1) Bei der Beschaffung ist grundsätzlich darauf zu achten, dass auch umweltbezogene, nachhaltige und soziale Aspekte Berücksichtigung finden. Alle vorgesehenen Kriterien, einschließlich deren Gewichtung, sind bereits in der Bekanntmachung bzw. in den Vergabeunterlagen transparent darzulegen. Aus den als geeignet eingestuften Angeboten (§97 Abs. 4 GWB) sind entsprechende Kriterien im Rahmen der Wertung zur Bestimmung des wirtschaftlichsten Angebots heranzuziehen.
(5) Zur Gewährleistung einer sozial verantwortlichen Beschaffung ist insbesondere die Einhaltung der durch die International Labour Organization (ILO) definierten Kernarbeitsnormen zu verlangen. Bei der Beschaffung sind daher nur Produkte zu berücksichtigen, die unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen i.S. der ILO-Konventionen hergestellt und/oder bearbeitet wurden oder deren Hersteller oder Verkäufer aktive, zielführende Maßnahmen gegen die Missachtung der o.g. Kernarbeitsnormen eingeleitet haben. Dies ist durch eine Zertifizierung einer unabhängigen Organisation oder eine entsprechende Selbstverpflichtungserklärung nachzuweisen.“
Anwendungsbereich: Die Betriebsanweisung gilt für das Logistik Zentrum Niedersachsen.
Link zur Verwaltungsvorschrift: Der aktuelle Stand der Betriebsanweisung sowie die entsprechende Beschaffungsordnung sind auf der Website des Logistikzentrums Niedersachsen abrufbar.
Arbeitshilfen und weiterführende Links
Weiterführende Hinweise zur sozial nachhaltigen Beschaffung
Christliche Initiative Romero (CIR) e.V.
* Sozialverantwortliche Beschaffung nach dem neuen Vergaberecht 2016 (November 2016)
Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW)
* Faires Beschaffungswesen in Kommunen und die Kernarbeitsnormen (Oktober 2016)
WEED e.V.
* Argumentationshilfe "Gute Gründe für nachhaltige Beschaffung" (2015)
Femnet e.V.
Möglichkeiten einer ökologisch und sozial nachhaltigen öffentlichen Beschaffung
Weiterführende Hinweise zur ökologischen Beschaffung
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)
* Nachwachsende Rohstoffe im Einkauf - Themenheft III: Büro - Einrichtung, Material, Gestaltung (2017)
* Nachwachsende Rohstoffe in Kommunen - Themenheft I: Entscheidungsträger (2013)
Arbeitshilfen des Umweltbundesamtes zur umweltfreundlichen Beschaffung
* Rechtsgutachten umweltfreundliche öffentliche Beschaffung (Januar 2017)
* Broschüre: Umweltfreundliche Beschaffung in der Praxis (Juni 2016)
* Hintergrundpapier: Umweltfreundliche öffentliche Beschaffung (September 2015)
* Empfehlungen für Ihre Ausschreibung
* Berechnung der Lebenszykluskosten
* Umweltaspekte in Vergabeverfahren